Sanatorio de Abades - Geisterstadt von Abades

Die Geschichte des Sanatorio de Abades

Im frühen 20. Jahrhundert war Lepra (Morbus Hansen) auf den Kanarischen Inseln eine ernste Bedrohung. Die Krankheit war hochstigmatisiert, schwer behandelbar und wurde von der Bevölkerung gefürchtet. In der damaligen medizinischen Sichtweise war Isolation der einzige Weg, um die Ausbreitung einzudämmen. Dadurch entstand die Idee, auf Teneriffa ein großes Leprasanatorium zu errichten, fernab der Städte, aber klimatisch günstig, mit Zugang zum Meer. Die Wahl fiel auf ein unbewohntes, abgelegenes Plateau südlich von Arico, direkt über der Küste von Abades (früher: „Los Abriguitos“).

Bauzeit des Sanatorio de Abades von 1943–1950

Der Bau des Sanatorio de Abades begann 1943, mitten im spanischen Bürgerkrieg und unter der Diktatur von Francisco Franco. Das Sanatorio de Abades sollte Teil einer größeren Initiative sein, in der Kranke unter Kontrolle des Regimes zentralisiert und isoliert wurden. Der Komplex war anspruchsvoll angelegt, es sollten über 30 Gebäude entstehen, darunter ein Krankenhaus, Schlafsäle, Verwaltungsbüros, ein Krematorium, Werkstätten, Küchen und Vorratslager, Wohnungen für Ärzte und Personal, eine monumentale Kirche mit Betonkreuz, zentral gelegen und weithin sichtbar. Viele dieser Bauten wurden im typisch monumentalen Franco-Stil aus hellem Beton errichtet, geometrisch streng, nüchtern, funktional, und mit symbolischer Machtästhetik.

Warum wurde das Sanatorio de Abades nie in Betrieb genommen?

1. Medizinischer Fortschritt

In den späten 1940er-Jahren wurde Dapson, ein antibakterielles Medikament, weltweit eingeführt. Erstmals gab es eine effektive Therapie gegen Lepra. Patienten mussten nicht mehr zwangsläufig isoliert werden. Die Notwendigkeit für ein riesiges Sanatorium war damit medizinisch überholt.

2. Politische Veränderungen & Finanzierung

Nach dem Bürgerkrieg war Spanien wirtschaftlich stark geschwächt. Viele öffentliche Projekte litten unter Ressourcenknappheit. Außerdem rückte der Kalte Krieg in den Vordergrund, und nationale Sicherheitsinteressen wurden wichtiger als Gesundheitspolitik.

3. Unvollständigkeit & Verfall des Sanatorio de Abades

Einige Gebäude wurden fertiggestellt, viele blieben unvollendet, wie z. B. ohne Dächer, Fenster oder Innenausstattung. Der gesamte Komplex wurde nie offiziell eröffnet und nie von Patienten bewohnt.

Nutzung durch das Militär

In den 1970er- und 1980er-Jahren nutzte das spanische Militär das Gelände als Trainingsplatz für Häuserkampf. Wände wurden durchschossen oder gesprengt, man übte das Eindringen in Gebäude. In vielen Mauern sind bis heute Einschusslöcher sichtbar, dies verschärfte den Zerfall, schuf aber gleichzeitig eine besonders „authentische“ Ruinenästhetik, die heute Lost Places-Fans und Hobby-Fotografen anzieht.

Privatisierung & Investoren (ab 2002)

Im Jahr 2002 kaufte ein italienischer Investor das Gelände des Sanatorio de Abades. Es gab Pläne für ein Resort, einen Freizeitpark oder ein Luxushotel,  jedoch ohne Erfolg. Das Gebiet wurde dann unter besonderen Naturschutz gestellt und die gesamten Gebäude stehen nun unter Denkmalschutz. Ebenso verhindern Umweltauflagen größere Umbauten und der Küstenstreifen ist geologisch instabil. Seitdem liegt die Anlage brach. Es gab keine Abrisse, keine Renovierung, aber auch keine effektive Sicherung.

Heutige Bedeutung: Zwischen Legende, Lost Place & dunklem Tourismus

Die Ruinen des Sanatorio de Abades haben heute eine fast mythische Aura entwickelt. Immer wieder gibt es Gerüchte über Geister, flüsternde Wände, kalte Luftzüge, YouTuber und TikTok-Influencer, die das Areal als „verflucht“ bezeichnen. Geführte und inoffizielle Touren für Abenteurer. Die Anlage ist ein Beispiel für sogenannten „Dark Tourism“. Reisen zu Orten mit tragischer, mysteriöser oder morbider Geschichte. Ironischerweise ist dies gerade ein Ort, an dem nie das erwartete Leid geschah.

Historische Bedeutung des Sanatorio de Abades

Obwohl das Sanatorium nie in Betrieb genommen wurde, ist es, ein seltenes architektonisches Relikt der Franco-Diktatur auf den Kanaren. Ein Symbol für den Umgang mit Krankheit und Ausgrenzung im 20. Jahrhundert und ein Denkmal für verpasste Modernisierung und verfallene Großideen.

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